DER SICHERHEITSDIENST

31 DSD 1 | 2023 WIRTSCHAFT UND POLITIK schnittlichen Vakanzzeit von 119 Tagen zu den Engpassberufen. Nach einer Umfrage von INTEL über das aktuelle Ausmaß des Arbeits- und Fachkräftemangels in der Sicherheitswirtschaft der EU-Staaten glauben 65 Prozent der befragten Unternehmen, dass der Mangel in den nächsten fünf Jahren zunehmen wird. Gefragt sind vor allem digitale und sicherheitstechnische Kompetenzen sowie „Soft Skills“.2 Um diese Herausforderung zu bewältigen, bedarf es zunächst einer attraktiven, zielgruppenorientierten Personalwerbung. Marina Bolai von der Aarcon GbR Unternehmensberatung empfiehlt zu Recht, Stellenanzeigen kreativ zu gestalten, Imagekampagnen auch in Form einer Videobotschaft und möglichst mit eigenen Beschäftigten als Protagonisten zu erarbeiten, an Ausbildungsmessen teilzunehmen und in sozialen Netzwerken mit der Attraktivität des eigenen Unternehmens zu posten.3 Die Attraktivität des Unternehmens wächst nicht nur durch eine nach Arbeitsplätzen und Qualifizierungsvoraussetzungen differenzierte Lohnstruktur, sondern vor allem durch eine Personalentwicklungsstrategie, die dem Mitarbeiter Perspektiven eröffnet, je nach Ausbildung, Weiterbildung und Leistung auf einen für ihn interessanten anderen Arbeitsplatz zu wechseln und je nach Leistungsfähigkeit und Engagement auch in das mittlere Führungsmanagement aufzusteigen. Es wird vor allem von der Größe und dem Leistungsspektrum des Sicherheitsdienstleisters abhängen, ob er die Weiterbildung an einer eigenen Akademie durchführt oder externe Weiterbildungsmöglichkeiten in Anspruch nimmt. Ein hervorragendes Beispiel für die wirksame Unterstützung des Auszubildenden bei der Auswahl eines qualifizierten Ausbildungsbetriebs bildet die„Exzellenzinitiative Hamburg“.4 Inflation und Rezession Inflation und Rezession bleiben zwar hinter den schlimmsten Befürchtungen der Wirtschaftsinstitute zurück, zwingen aber weiterhin viele Unternehmen zur Senkung von Kosten. Das führt leider dazu, dass viele Unternehmen den Rotstift auch bei den Ausgaben für Unternehmenssicherheit ansetzen. Sicherheitsdienstleister sind gut beraten, darauf vor allem durch intensive Kundenberatung und verstärkte Kundenbindung zu reagieren. Auch durch Vereinfachungen in der Infrastruktur, insbesondere im Zuge der Digitalisierung, und durch Verflachung der Organisationsstruktur kann der betriebliche Aufwand reduziert und eventuell auf inflationsbedingte Preiserhöhungen verzichtet werden. Ein in Zukunft sicher wachsender Sicherheitsmarkt ist die Auftragsvergabe von Sicherheitsdienstleistungen durch KMU. Vielen kleineren Unternehmen und „Start-ups“ fehlt es an Sicherheitsbewusstsein oder an für eigene Sicherheitsvorkehrungen notwendigen Ressourcen und Kompetenzen. Instabilität des Sicherheitsmarkts Krisenzeiten sind Zeiten der Instabilität der Märkte. Dass davon der Sicherheitsmarkt nicht verschont bleibt, hat die Reduzierung des Auftragsvolumens im Bereich des Luftfahrtsektors und der Veranstaltungsbranche in der Coronapandemie gezeigt. Der Sicherheitsdienstleister rüstet sich dagegen durch ein hohes Maß an Flexibilität im Leistungsspektrum und Spezialisierung auf stärker nachgefragte Aufgabenfelder. Diese Flexibilität wird durch breite Qualifizierung und die Mobilität der Sicherheitsmitarbeiter erleichtert. Der Sicherheitsdienstleister erreicht diese notwendige Flexibilität durch ein intelligentes Changemanagement und durch die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Ein solches neues Geschäftsmodell wäre zum Beispiel die Betreuung von Einzelhandelsgeschäften in der City durch mobile Streifen ohne Funktion im öffentlichen Raum, die bei Alarmierung schnellstmöglich vor Ort sind, umdas Hilfe suchende Personal zu unterstützen, etwa bei einem Raubüberfall, einer Bedrohung oder der dringenden Klärung von Verdachtsmomenten. Änderungen in der Kriminalitätsstruktur Die Kriminalität befindet sich in einem Strukturwandel. Die physische Kriminalität geht insbesondere in vielen Diebstahlssegmenten seit Jahren zurück, während vor allem Cybercrime und die Nutzung des Internets zur Tatbegehung beständig zunehmen – bei leider abnehmender Aufklärungsquote. Die mögliche Anonymität bei Cyberattacken, die Tatortferne des Täters und „Cybercrime as a Service“-Angebote im Darknet sowie hohe Profite durch Ransomware begründen die hohe Attraktivität. Das kann der Sicherheitsdienstleister von morgen nicht ignorieren. Er muss IT-Sicherheit in die Bedrohungsanalyse und in die Beratung des Kunden einbeziehen. Soweit er nicht über die fachlichen Kompetenzen verfügt, um 1 FAZ vom 24.11.2022 2 DSD 1-2022, Seite 67/68 3 DSD 3-2022, Seite 54–56 4 Pressemitteilung des BDSW vom 21.6.2022 Bild: # 133453384 / stock.adobe.com

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==