DER SICHERHEITSDIENST

78 DSD 3 | 2022 VERGABERECHT Benennung des stellvertretenden Objektleiters ist kein Eignungsnachweis gemäß § 46 VgV! VK Berlin – Beschluss vom 28. Juli 2021 – VK B 1-63/20 Von Rechtsanwalt Alexander Nette 1. Sachverhalt Der Entscheidung der Vergabekammer Berlin vom 28. Juli 2021 liegt ein Vergabeverfahren für Sicherheitsdienstleistungen in Flüchtlingsunterkünften zugrunde. Die Dienstleistungen waren in einem EU-weiten offenen Verfahren ausgeschrieben worden. Gegenstand des Auftrages war die Kontrolle bei Zu- und Ausgängen, Gewährleistung des Brandschutzes sowie die Überwachung sämtlicher Alarm- und Kontrollsysteme. In der Vergabebekanntmachung stellte der Auftraggeber Eignungskriterien auf, die von den Bietern erfüllt werden mussten. Unter anderem verlangte der Auftraggeber die namentliche Benennung der Mitarbeiter, welche im Auftragsfall als Objektleitung und stellvertretende Objektleitung verantwortlich sind. Welche Angaben genau zu machen waren, war in der Vergabebekanntmachung näher definiert. In den Vergabeunterlagen führte der Auftraggeber einerseits aus, dass Führungskräfte den Nachweis einer abgeschlossenen Ausbildung zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit oder geprüften Schutz- und Sicherheitskraft sowie zwei Jahre Berufserfahrung nach abgelegter Prüfung mindestens nachweisen müssen. An anderer Stelle führte der Auftraggeber auf, dass ein Berufsabschluss zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit zur Geprüften Schutz- und Sicherheitskraft oder ein höherwertiger Abschluss gefordert werden. Auf eine entsprechende Bieterfrage hin stellte der Auftraggeber klar, dass die in der DIN 772001:2017-11 genannten Voraussetzungen maßgeblich seien. Der Bieter reichte daraufhin für den als stellvertretenden Objektleiter benannten Mitarbeiter ein Prüfzeugnis über die bestandene Abschlussprüfung zur Servicekraft für Schutz und Sicherheit bei. Der Auftraggeber teilte daraufhin mit, dass das Angebot vomVerfahren ausgeschlossen würde, da der zum Nachweis der Eignung geforderte Beleg nicht beigebracht worden sei. Die für den stellvertretenden Objektleiter vorgelegten Nachweise entsprächen nicht den Anforderungen der DIN 77200-1:2017-11. Der Bieter rügte diesen Angebotsausschluss, der Auftraggeber half der Rüge jedoch nicht ab. Der Bieter stellte daraufhin den Nachprüfungsantrag zur Vergabekammer Berlin. 2. Entscheidungsgründe Die Vergabekammer gibt dem Nachprüfungsantrag statt. Dieser ist sowohl zulässig als auch begründet. Der Ausschluss des Angebotes habe den Bieter in seinen Rechten aus § 97 Abs. 6 GWB verletzt. Ob der für den stellvertretenden Objektleiter vorgelegte Nachweis die Anforderungen der DIN erfüllt, lässt die Vergabekammer in ihrer Entscheidung im Ergebnis letztlich offen und dahingestellt. Sie beanstandet bereits, dass die in der Vergabebekanntmachung geforderten Dokumente keine zulässigen Eignungskriterien bzw. -nachweise im Sinne von § 122 Abs. 2 GWB in Verbindung mit § 46 Abs. 3 VgV seien. Der Ausschluss des Angebotes könne daher auf die Nichtvorlage dieser Unterlagen nicht gestützt werden. Gemäß § 122 GWB ist ein Unternehmen geeignet, wenn es die durch den öffentlichen Auftraggeber im Einzelnen zur ordnungsgemäßen Ausführung des öffentlichen Auftrags festgelegten Eignungskriterien erfüllt. Die Eignungskriterien dürfen sich dabei ausschließlich auf die Befähigung der Erlaubnis zur Berufsausübung, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit sowie die technische und berufliche Leistungsfähigkeit beziehen. § 46 VgV zählt – abschließend – die Belege auf, die zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit herangezogen werden können. Andere als die in der genannten Vorschrift aufgeführten Nachweise darf der Auftraggeber hingegen nicht verlangen. Die sich aus der streitgegenständlichen Vergabebekanntmachung ergebende Anforderung lässt sich nach Auffassung der Vergabekammer Berlin mit der abschließenden Aufstellung des § 46 Abs. 3 VgV nicht rechtfertigen. Gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 2 VgV ist es dabei zulässig, technische Fachkräfte (namentlich) be- LL.M, NETTE Rechtsanwälte, Recklinghausen, ist Fachanwalt für Vergaberecht, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie Lehrbeauftragter für Vergaberecht und Vertragsmanagement an der Westfälischen Hochschule. Er ist spezialisiert auf die Beratung von Bietern und öffentlichen Auftraggebern in Vergabe- und Nachprüfungsverfahren. Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.vergaberecht.cc. RA Alexander Nette

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==