DER SICHERHEITSDIENST

69 4 | 2021 DER SICHERHEITSDIENST VERGABERECHT Leistung tatsächlich beansprucht wird (so auch bereits OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. März 2019 — Verg 42/18). Die VK stellte fest, dass sich der vom Bieter gewollte Preis aus seinen Angebotsunterlagen nicht eindeutig entnehmen lasse. Maßgeblich für die Auslegung einer Erklärung ist der Empfängerhorizont, so dass es mithin darauf ankommt, wie der Empfänger die Erklärung verstehen musste. Die VK wies zunächst darauf hin, dass zwar der Ausschluss von Angeboten wegen geringfügiger formaler Mängel grundsätzlich vermieden werden soll, um den Wettbewerb so breit wie möglich zu halten. Da im konkreten Fall aber nicht zu erkennen gewesen sei, zu welchem Preis der Bieter die Leistung denn tatsächlich erbringen wolle, liege kein nur geringfügiger formaler Fehler vor. Vielmehr könne der wirklich gewollte Preis nur durch eine nachträgliche Nachforschung beim Bieter ermittelt werden. Dies würde dem Bieter jedoch die Möglichkeit einräumen, seinen Preis nachträglich zu verändern bzw. festzulegen, welcher der eingetragenen Preise der „wirkliche“ Preis sein solle. Damit sei die Grenze der Auslegung erreicht. Eine Aufklärung kam nicht in Betracht, da sich dadurch im Ergebnis der Gesamtpreis des Angebotes verändert hätte bzw. verändern würde. Die Ausnahme des § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV konnte damit nicht eingreifen. Auf ein widersprüchliches Angebot konnte der Zuschlag nicht ergehen, sodass der Ausschluss des Angebotes zu Recht erfolgt war. Der Nachprüfungsantrag war daher nicht erfolgreich und richtigerweise zurückzuweisen. 3. Hinweise für die Praxis Auf die Eintragung der vom Auftraggeber in den Vergabeunterlagen geforderten Preise ist größte Sorgfalt zu legen. Gerade wenn — wie häufig bei Ausschreibungen – der Gesamtpreis oder auch Einzelpreise an verschiedenen Stellen in den Vergabeunterlagen einzutragen sind, ist darauf zu achten, dass auch (während der Kalkulation etwa nochmals vorgenommene) Änderungen tatsächlich an allen Stellen übernommen werden. Bei den personalintensiven Dienstleistungsausschreibungen ist häufig mit dem Angebot die Kalkulation des Stundenverrechnungssatzes nachzuweisen. Auch hier lauert eine nicht unerhebliche Fehlerquelle, wenn das Ergebnis imKalkulationsblatt nicht dem an anderer Stelle eingetragenen Stundenverrechnungssatz entspricht. Widersprüchliche oder fehlende Preisangaben sind nur äußerst selten zu korrigieren bzw. korrigierbar. Die Ausnahme des § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV greift letztlich fast nie ein, da auchmit einem veränderten Einzelpreis in aller Regel eine Änderung des Gesamtpreises einhergeht. In diesen Fällen ist eine Nachforderung jedoch ausgeschlossen. Dass eine Auslegung der Erklärungen häufig zu keinem Ergebnis führt, zeigt die Vergabekammer des Bundes in ihrer Entscheidung. Alle Dokumente werden gemeinsam vom Bieter als Angebot eingereicht. Es ist dann nicht erkennbar, welches Dokument den „wahrenWillen“ des Bieters wiedergeben soll. Gerade bei der digitalen Einreichung von Angeboten sollte bieterseitig ein System etabliert werden, dass das Vier-Augen-Prinzip umsetzt. Formale Fehler ergeben sich auch daraus, dass Anlagen vergessen oder in einem „alten“ Bearbeitungsstand hochgeladen werden. Ebenso sollte dringend unmittelbar nach dem Hochladen des Angebotes noch einmal kontrolliert werden, welche Dateien übermittelt wurden. Bis zumAblauf der Frist für die Angebotsabgabe ist es als Bieter jederzeit möglich, Angebote zurückzuziehen und erneut einzureichen, d. h. zu „korrigieren“. Bild: AdobeStock, Monster Ztudio, 258916633

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