DER SICHERHEITSDIENST

54 4 | 2021 DER SICHERHEITSDIENST BERICHT AUS BERLIN Bundestagswahl 2021: Auf demWeg zur Zukunftskoalition Von Rechtsanwalt Dr. Berthold Stoppelkamp RA Dr. Berthold Stoppelkamp ist Leiter des Hauptstadtbüros des BDSW Bundesverband der Sicherheitswirtschaft in Berlin. Sicherheitsthemen für Wahlausgang nicht relevant Wenn man bedenkt, dass ein paar Wochen vor der Bundestagswahl es zu einem überhasteten Rückzug deutscher Truppen und der Evakuierung von örtlichen Hilfskräften aus Afghanistan kam und dies die sicherheitspolitische Diskussion und mediale Berichterstattung intensiv beschäftigte und Mitte Juli 2021 die deutsche Öffentlichkeit mit einem Jahrhunderthochwasser mit mehr als 180 Toten und Sachschäden in Milliardenhöhe konfrontiert wurde, so waren beide sicherheitsrelevanten Ereignisse nicht für die Wahlentscheidung relevant. Auch das Thema Innere Sicherheit ging trotz der Bedrohungslage durch Islamismus, Clanstrukturen und Extremismus und des Versuches der CDU/CSU, dies zum Ende des Wahlkampfes mehr zu thematisieren, fast völlig unter und spielte keine große Rolle. Ebenso fand der Vorschlag der CDU nach einem nationalen Sicherheitsrat keine Beachtung in der Bevölkerung. Relevante Themen für die Wahlentscheidung Für die Wähler waren laut einer INSA-Befragung (siehe BamS vom 12. September 2021, Seite 3) folgende Themen – bei Mehrfachnennungen – wahlentscheidend: Klima ................................................35 Prozent Rente . ..............................................33 Prozent Wohnen und Mieten ..........................26 Prozent Umgang mit Coronapandemie . .........26 Prozent Gesundheit und Pflege......................24 Prozent Schule, Kitas und Bildung..................21 Prozent Migration..........................................20 Prozent Steuern ............................................19 Prozent Wirtschaft.........................................18 Prozent Innere Sicherheit. .............................17 Prozent Löhne ...............................................16 Prozent Verkehr und Mobilität ........................ 9 Prozent Europa. .............................................. 6 Prozent Verteidigung . .................................... 2 Prozent Vor diesem Hintergrund war es rückblickend seitens der CDU-Wahlkampfstrategie falsch, die letzte erfolgreiche CDU-Landtagswahlkampfstrategie aus Nordrhein-Westfalen, die ganz besonders auf das Thema Innere Sicherheit gesetzt hatte, auf die Bundestagswahl zu übertragen. Ebenso griffen die Themen Steuersenkungen und Wirtschaftskompetenz nicht bei den Wählern. Sicherheitsthemen sollten im Koalitionsvertrag mehr Gewicht erhalten Vor dem Hintergrund der aktuellen Bedrohungslage für Deutschland erscheint es aber – unabhängig von der Nichtwahrnehmung dieser Bedrohungslage durch große Teile der Bevölkerung – geboten, im zukünftigen Koalitionsvertrag Festlegungen zur Modifizierung der Sicherheitsarchitektur zu treffen. Hierzu gehört auch Die letzten Monate im Berichtszeitraum bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe (1. Oktober 2021) waren primär durch den Bundestagswahlkampf geprägt. Am 26. September 2021 fiel die Entscheidung und führte bei CDU/CSU zu einer Wahlniederlage. Sie ist mit 24,1 Prozent der Zweitstimmen nur noch zweitstärkste Fraktion im Bundestag. Demgegenüber legte die SPD erheblich zu, wurde mit 25,7 Prozent der Zweitstimmen stärkste Fraktion und beanspruchte daher als Wahlgewinnerin den Regierungsauftrag. Die GRÜNEN legten auch erheblich zu, blieben aber hinter ihren Möglichkeiten zurück. Wahlgewinnerin war auch die FDP. Zum Redaktionsschluss stand noch nicht fest, welche Parteien in Koalitionsverhandlungen eintreten werden. Zur Überraschung vieler politischer Beobachter signalisierte die CDU/CSU als gefühlter Wahlverlierer den GRÜNEN und der FDP unmittelbar nach der Wahl die Bereitschaft zur Bildung einer „Jamaika-Koalition“. Da die Fortführung einer Großen Koalition von CDU/CSU mit SPD bisher kategorisch ausgeschlossen wurde, werden GRÜNE und FDP zu „Kanzlermachern“ werden.

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